GOTTESGARTEN, WELTENRAD UND UHRWERK

Die Renaissance der Metapher des Gartens und des Organismus im 20.Jahrhundert

von Regine Kather


Im 20.Jahrhundert geben die Naturwissenschaften selbst den Anstoß dazu, sowohl die einseitig objektivierende Haltung wie die deterministische Sicht der Weltmaschine zu überwinden. Angeregt durch die Evolu

tionslehre und die neuen physikalischen Theorien von der Struktur der Materie griff der Mathematiker, Physiker und Philosoph Alfred North Whitehead in den zwanziger Jahren die Metapher des Organismus wieder auf. Die "Kette der Lebewesen", die Leibniz beschrieben hatte, hat sich erst allmählich im Lauf der Naturgeschichte gebildet. Durch die Anpassung an neue Anforderungen entwickeln Lebewesen andere Verhaltensmuster. Wäre dies allerdings die einzige Verhaltensweise, dann würden Lebewesen nur mechanisch auf äußere Reize, Widerstände und Zwänge reagieren. Whitehead ergänzt die darwinistische Sicht durch die Beobachtung, daß die höheren Lebewesen zielstrebig ihre eigenen Bedürfnisse verfolgen. Sie wollen offensichtlich nicht nur überleben, sondern auch gut und möglicherweise sogar besser leben. Sie wirken im weitesten Sinne des Wortes schöpferisch auf ihre Umwelt ein und verändern diese im Sinne ihrer Bedürfnisse. Sie reagieren nicht nur, sondern verfolgen auch bestimmte Ziele. "Die höheren Lebewesen haben sich immer stärker der Aufgabe zugewandt, die Umwelt ihren Bedürfnissen anzupassen. Sie haben Nester gebaut und komplizierte Kolonien angelegt. Die Biber haben Bäume gefällt und Dämme errichtet, mit denen sie das Wasser der Bäche zum Schutz ihrer Wohnburgen aufgestaut haben."

Ein Organismus ist kein von seiner Umgebung völlig abgeschlossenes System; er kann sich nur im ständigen Austausch mit seiner Umgebung erhalten und entwickeln. Jede Veränderung der Umwelt wirkt auf das Lebewesen ein und jedes Verhalten des Lebewesens wirkt auf die Umwelt zurück und verändert diese. Den Verhaltensspielraum der Lebewesen erklärt Whitehead allerdings nicht durch ein Programm, das das Lebewesen innerlich wie einen Automaten steuern würde; er bezieht die subjektive Seite des Erlebens, Empfinden, Bedürfnisse und Ansätze zu zielgerichtetem Verhalten mit ein. Für ihn sind Lebewesen, wie Hans Jonas schreiben wird, "in Graden Träger jener Innerlichkeit, deren sich der Mensch... in sich selbst bewußt ist." Vernunft, Empfindungsvermögen, Sprache, Werte und Ziele, die den Menschen kennzeichnen und ohne die ein soziales Leben undenkbar wäre, finden sich als Vorformen schon bei höheren Tieren. Beim Menschen schließlich sind Zwecke unübersehbar: Die meisten Handlungen würden sinnlos, wenn man sie nur als mechanische Reaktionen auf die jeweiligen Umstände oder als Auswirkung eines Programms verstehen würde. Man schreibt einen Brief, um jemanden etwas zu erzählen; man besteigt ein Flugzeug, um zu politischen Verhandlungen nach Amerika zu fliegen; man arbeitet ein Manuskript aus, um einen Vortrag zu halten.

Erst das lebendige Zusammenwirken aller Teilfunktionen

eines Lebewesens, zu denen die körperliche Verfassung ebenso wie der Geisteszustand gehören, Reaktionen ebenso wie zielgelenkte Strebungen, machen ein Lebewesen aus. Der Geist läßt sich weder aus der materiellen Organisation ableiten noch ist er völlig von dieser losgelöst. Ein Organismus läßt sich nicht wie eine Maschine aus einzelnen Teilen aufbauen oder in sie zerlegen. Durch die Integration unterschiedlicher Teilfunktionen bildet sich ein unzerlegbares Ganzes: ein Lebewesen. Mit diesen Argumenten deutet Whitehead die belebte und die unbelebte Natur wieder im Bild des Organismus. "Beim Tier gehen die Geisteszustände in den Plan des gesamten Organismus ein und modifizieren dadurch die Pläne der... untergeordneten Organismen bis hin zu den ...Elektronen. Ein Elektron innerhalb eines lebenden Körpers unterscheidet sich ...aufgrund des Körperplanes von einem Elektron außerhalb. Ein Elektron hastet entweder innerhalb oder außerhalb des Körpers blind dahin; aber innerhalb des Körpers hastet es in übereinstimmung... mit dem allgemeinen Körperplan, und zu diesem Plan gehört der Geisteszustand... diese Lehre (bedeutet) einen Abschied vom ...wissenschaftlichen Materialismus, an dessen Stelle eine Lehre vom Organismus tritt."

Whitehead verleiht der Metapher des Organismus allerdings einen neuen Sinn: Anders als für Platon hat für Whitehead die Welt einen offenen Horizont: Die Natur und der Mensch haben eine Geschichte, die unabgeschlossen ist. Bestehende Strukturen werden immer wieder zu einer neuen Synthese zusammengefügt. Der Prozeß, in dem Neues entsteht, ist unumkehrbar, so daß die Vergangenheit ein anderes Gesicht hat als die Zukunft. Kein Ereignis wird sich jemals exakt wiederholen. Strenggenommen ist jedes Geschehnis einmalig, weil sich mit ihm die Möglichkeiten der Zukunft auf unvorhersehbare Weise verändern.

Sobald man die Lebewesen nicht mehr als kleine Au

tomaten, sondern als empfindende Wesen betrachtet, ändert sich auch die Vorstellung vom göttlichen Geist. Gott ist kein autoritärer Gesetzgeber, der der Weltmaschine seine Gesetze auferlegt; er ist auch kein moralischer Rigorist, der belohnt und straft und Selige und Verdammte voneinander scheidet; er ist niemand, der sich aus der Teilnahme an der Welt in die unbeteiligte Rolle eines ersten, unbewegten Bewegers verflüchtigt hat. Er ist kein vollkommener Mechaniker, sondern der Gott einer lebendigen Welt, der den Einzelwesen einen Freiheitsspielraum für ihre eigene Entwicklung läßt. Diese müssen selbst nach ihrer Vollendung streben. Nur behutsam kann der göttliche Geist den Weltprozeß seiner Erfüllung entgegenführen. "In der ...Entstehungsphase der theistischen Philosophie... kommen ...drei Denkrichtungen auf, die... Gott nach dem Bild eines Reichsherrschers, Gott nach dem Bild einer Personifizierung moralischer Energie und Gott nach dem Bild eines philosophischen Grundprinzips darstellen... Es gibt jedoch im galiläischen Ursprung des Christentums noch eine andere Anregung, die zu keinem der drei Hauptstränge des Denkens so richtig paßt. Sie legt das Schwergewicht weder auf den herrschenden Kaiser, noch auf den erbarmungslosen Moralisten oder den unbewegten Beweger. Sie hält fest an den zarten Elementen der Welt, die langsam und in aller Stille durch Liebe wirken; und sie findet ihren Zweck in der gegenwärtigen Unmittelbarkeit eines Reiches, das nicht von dieser Welt ist. Liebe herrscht weder, noch ist sie unbewegt; auch ist sie ein wenig nachlässig gegenüber der Moral. Sie ... findet ihre eigene Belohnung in der unmittelbaren Gegenwart."

Die Metapher des Organismus beinhaltet eine klare Absage an das Ideal technischer Perfektion, reibungslosen Funktionierens, vollständiger Berechenbarkeit und unbeschränkter Verfügbarkeit. Die Welt als Organismus zu sehen fordert ein behutsames Handeln, das das labile Gleichgewicht, das vernetzte Zusammenspiel und die gegenseitige Rückwirkung aller Prozesse berücksichtigt. Auch die Interessen anderer muß man in der Verfolgung der eigenen Bedürfnisse berücksichtigen.

Whiteheads Vision einer organismischen Welt ineinander verschränkter Prozesse wird durch die moderne Systemtheorie bestätigt. Das globale System schließt nicht nur die Naturprozesse, sondern auch das menschliche Handeln ein. Mensch und Natur bilden ein offenes, labiles System: Einerseits können Naturkatastrophen die Umsiedlung ganzer Volksgruppen auslösen und die politischen Verhältnisse verschieben; andererseits greift menschliches Verhalten in die Natur ein und verändert die künftigen Lebensbedingungen. Wie bei Platon ist der Mensch wieder zu einem wirkenden Faktor in der globalen Ordnung der Natur geworden. Aus dem Wissen um diese Rückkopplung erwächst die menschliche Verantwortung für die eigene Geschichte und die der Natur.

Ein Organismus ist allerdings mehr als ein in sich rückgekoppeltes mechanisches System oder ein sich selbst steuerndes Programm. Was der objektivierenden Sicht der Wissenschaften entgeht, ist die Innenseite des Erlebens. Ein Organismus ist lebendig; er fühlt, verfolgt Ziele oder empfindet Schmerz. Beim Menschen gewinnen außerdem das ästhetische Erleben der Natur, Werte und die Frage nach dem Sinn der eigenen Existenz Bedeutung. Metaphern als Bilder vom Kosmos müssen das gesamte Spektrum der Erfahrungen umschließen, die Menschen mit der Welt, in der sie leben, machen. Der Biologe Rupert Sheldrake formuliert: "was uns mit der Welt verbindet, ist unsere gesamte Erfahrung einschließlich unseres kulturellen Erbes und nicht nur die künstlich herausgelösten Aspekte der Erfahrung, die ein Experiment oder eine wissenschaftliche Beobachtung ausmachen. Wenn wir kein Doppelleben führen wollen, hin und her gerissen zwischen einer "objektiven", unpersönlichen, mechanistischen Wirklichkeit und der "subjektiven" Welt der persönlichen Erfahrung, müssen wir eine Brücke finden, die diese beiden Bereiche der Erfahrung verbindet."

Die Suche nach einer Verbindung zwischen der objektivierenden Sicht der Wissenschaften und dem erkennenden Bewußtsein führt Carl Friedrich von Weizsäcker zurück zur Metapher des Gartens. Die klassische Naturwissenschaft hatte den erkennenden Menschen aus der Naturbeschreibung ausgeschlossen. Das kosmische Schauspiel verändert sich durch den neugierigen Beobachter in keiner Weise. Ein Planet durchläuft seine Bahn unbeirrt durch die Anzahl der Fernrohre, die sich auf ihn richten. Erst die Quantentheorie erinnert daran, daß der Mensch - wie Goethe und Emerson sagten - zugleich Zuschauer und Mitspieler ist. Die Quantentheorie spricht von Ereignissen, die erst durch die Wahl einer bestimmten Experimentalanordnung zustande kommen. Im Experiment stellt ein Beobachter gezielte Fragen an die Natur, um zu erfahren was geschieht, wenn er etwas Bestimmtes tut.

Allerdings beschränkt sich die Funktion des Menschen auch in der modernen Physik darauf, Ereignisse zu registrieren und zu interpretieren. Der Erkenntnisakt selbst, Staunen, Ehrfurcht, Zweifel, Sehnsucht, Wahrheitsliebe oder auch Angst, Ehrgeiz oder Machthunger haben keine Bedeutung.

Um die ganze Weite des menschlichen Erlebens einzubeziehen, muß man die mathematisch-physikalische Darstellung des Universums überschreiten. In Philosophie, Kunst, Theologie oder Meditation nähert sich der Mensch dem Kosmos auf anderen Erkenntniswegen. Weizsäcker greift die Metapher des Gartens auf, um das Verhältnis des Menschen zur Natur, in der er lebt und die er erkennt, zu beschreiben. Der Mensch lebt in der Welt wie in einem Garten. Er kann nicht alle Wege des Gartens gleichzeitig abschreiten, sondern sie nur nacheinander begehen, so daß er den Garten unter immer wieder wechselnden Perspektiven wahrnimmt. Der Weg, den er wählt, beschränkt jeweils sein Blickfeld. Nur allmählich und von verschiedenen Seiten nähert er sich einem Gesamtbild des Gartens: "In einem Garten gibt es Wege, und ein verständig angelegter Garten zeigt von jedem Blickpunkt aus ein jeweils anderes, sinnvolles Bild."

Die Metapher des Gartens ist ein Bild für die Einheit von Mensch und Natur; und sie ist ein Bild für die verschiedenen Erkenntniswege, die der Mensch durchlaufen muß, um den Garten und sich selbst, den Wanderer im Garten, zu erkennen. Naturwissenschaft, Mathematik, Philosophie und Theologie gleichen Erkenntniswegen, die den Garten der Welt auf verschiedene Weise zeigen. Kein Weg schließt den anderen aus; jeder fordert den anderen als Ergänzung. Mit jedem Schritt sieht man Neues. Mit der Perspektive, die sich beim Gehen verändert, ändert sich auch das Wissen vom Garten und führt zu neuen Fragen und Antworten. Weizsäker spricht von einem Kreisgang oder einem Rundgang durch den Garten, der immer wieder neu durchlaufen werden muß. Einerseits findet sich der Mensch schon im Garten; er braucht ihn, um überhaupt überleben zu können. Andererseits nimmt er ihn immer schon unter den Fragen und Begriffen wahr, die ihm in einer bestimmten Kultur zur Verfügung stehen. "Als angemessene Form der Frage nach dem Ganzen erschien mir ...der Kreisgang: der "Rundgang im Garten" der mehrfach und nicht auf einer vorweg bestimmten Route zu durchlaufen wäre... Die Zentralthese dieses Rundgangs... lautete: "Die Natur ist älter als der Mensch; der Mensch ist älter als die Naturwissenschaft." Also: Das Sein der Natur geht dem Wissen des Menschen voraus, das Sein des Menschen aber dem Wissen, das der Mensch von der Natur erwirbt."

Für den Philosophen Heinrich Rombach wird der Garten sogar zum Sinnbild einer zeitgemäßen Lebensform insgesamt: Der Garten steht zwischen der Welt des Menschen und der Natur, zwischen absichtsvollem Handeln und schlichtem Hervorgehen. Während in der Natur alles ohne bewußte Gestaltung wächst, prägen Pläne und Ziele die menschliche Welt. Ein Garten verdankt seine Wirkung nicht allein der planvollen Anlage, wie ein Acker oder ein Bewässerungsgraben und dem wirtschaftlichen Profit, den er abwirft; ein Garten gleicht aber auch nicht der urwüchsigen Landschaft einer unberührten Wildnis. Er entsteht, wenn natürliches Wachstum und menschliche Planung zu einer Einheit verschmelzen. Die menschliche Hand darf nur so eingreifen, daß sich die Natur nach ihrem Gesetz und ihrer Rhythmik entfalten kann. Ein Zuviel an Planung zerstört die ästhetische Wirkung des Gartens ebenso wie zu große Nachlässigkeit. Nur wenn der Garten so aussieht, als ob er gewachsen wäre, ist die gestalterische Absicht erfüllt.

Das glückende Zusammenspiel des Menschen mit der Natur verweist auf jenen unnennbaren Einheitsbereich, der beide umfaßt und trägt. Wem sich der Einklang von menschlicher Absicht und natürlichem Wachstum erschließt, der genießt momenthaft jene unendliche und namenlose Schöpferkraft. Für einen Augenblick berührt der Mensch das schöpferische Prinzip der Welt. Mit der inneren Selbstübereinstimmung stellt sich ein tiefes Gefühl des Glücks und innerer Leichtigkeit ein. Wie der Garten Eden sollte auch der moderne Garten ein Bild des Einklangs von Mensch und Natur, Natur und Gott und Gott und Mensch sein. Indem der Mensch zu sich zurückfindet, wächst er in den Kosmos hinein: "der Garten repräsentiert ein Ordnungsprinzip, das noch vor der Unterscheidung von Mensch und Natur liegt und in gleicher Weise sowohl dem menschlichen wie dem natürlichen Dasein zugrundeliegt. Es weist auf den eigentlichen Ursprung allen Seins zurück, der noch ungeschieden und ungeteilt, ungetrübt und unbeschränkt am Werke ist. Er ist das Symbol des "Einen" jenes höchsten Wesens, das in vollständiger Einheit mit sich selbst und mit allem, was lebt, lebt." Nicht nur die einzelnen Pflanzen gewinnen im Garten an Ausstrahlungskraft; auch der Mensch wächst und entwickelt bisher ungekannte Seiten seiner selbst. Der eigentliche Sinn des Seins erfüllt sich, indem sich die Lebewesen gegenseitig in einem ungezwungenen und lebendigen Zusammenspiel fördern. Nicht nur der Garten wird durch den Menschen verändert, sondern auch der Mensch vom Garten.

Die Haltung, mit der der Mensch einen Garten anlegt, könnte für Rombach beispielhaft sein für nahezu alle Bereiche des täglichen Lebens: Alle menschlichen Beziehungen, ob Liebe, Freundschaft oder Familie, alle Tätigkeiten in Politik, Wissenschaft, Philosophie, Kunst, Religion, Wirtschaft, oder Sport könnten vom Leitbild des Gärtnerns bestimmt sein: Alles, was gedeihen und über sich hinauswachsen soll, muß auf eine ihm angemessene Weise betreut werden: zurückhaltend, behutsam, fordernd, aber nicht zwingend, so daß seine Wesenszüge besser zur Geltung kommen. Für eine Familie etwa bedeutet das, daß sich die Ordnungsform einspielt, die eine Steigerung von Menschlichkeit ermöglicht. Im Sport sollten der Wettkampf und der Ansporn zur Höchstleistung aus einem echten Zusammenspiel erwachsen: "die Gartenverfassung, die... in allen Aufgaben... verwirklicht werden kann, (ist) zugleich Ursprungs und Zielverfassung des Lebens... Was immer an gelungener Seinsform besteht bei Natur und Mensch, bei Pflanze und Tier, in Gesellschaft und Geschichte, ist aus einer Gartensituation entstanden... Die vom Kosmos angestrebte Seinsform ist ...die eines freien und lebendigen auf Gedeihen und Gelingen gesetzten Zusammenspiels... Die ganze Welt ist der Garten, der den Menschen braucht, und zugleich der Garten, den der Mensch braucht."

Nicht nur das Bild des Organismus, sondern auch das des Gartens hat, verglichen mit der Antike, neue Züge gewonnen: Zwar gilt auch der moderne Weltgarten wieder als jener befriedete Bezirk, der sich zur Transzendenz öffnet; Befriedung ist jedoch kein einmal geschenkter Zustand mehr: Der Garten wird zum Gleichnis der Entwicklung nicht nur der Natur, sondern auch des Menschen, besser: der Entwicklung des Menschen in und mit der Natur. Anders als der Garten Eden, der einen ausgezeichneten Mittelpunkt hatte, ist der moderne Weltgarten Sinnbild des lebendigen Zusammenspiels verschiedenster Lebensformen und Erkenntniswege. Der Mensch kann den Weltgarten, in dem er lebt, nur unter begrenzten Blickwinkeln erfassen. Aus der Überlagerung der verschiedenen Perspektiven, der religiösen und der künstlerischen, der naturwissenschaftlichen und der philosophischen, entsteht ein vielschichtiges Bild. Indem jede Disziplin auf die andere als Ergänzung und Korrektiv verwiesen ist, werden auch Physisches und Geistiges wieder miteinander verbunden. Nicht die Metapher der Weltmaschine, sondern die des Organismus und des Gartens eignen sich, um die Einheit von körperlichen und geistigen Prozessen zu beschreiben.

Metaphern wie die des Organismus, des Uhrwerks und des Gartens zeichnen in verdichteter Form ein Bild des menschlichen Lebenshorizontes insgesamt: Sie spiegeln nicht nur die Erkenntnis der Welt, sondern auch das menschliche Bewußtsein, das sich dieses Bild macht. Und sie verweisen auf jenen namenlosen Urgrund der Welt, der sich in keinen Begriff und in kein Bild mehr fassen läßt.

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